Stephan Hübner – Mache dich auf und werde Licht!

Mitten in der Adventszeit und kurz vor den Festtagen steht die Frage im Raum: Wo und wie geschieht Weihnachten? Nicht allgemein, sondern ganz konkret: Wo und wie geschieht Weihnachten bei mir/bei jedem einzelnen von uns?

Erinnern wir uns zurück … an Weihnachten, an Jesu Geburt, wie es sich vor über 2000 Jahren zugetragen haben mag. Wir kennen die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium, haben schon einige Krippenspiele und aufgebaute Krippen gesehen und viele Geschichten über das damalige Ereignis gehört. Und haben alle Bilder im Kopf – ich stelle mir einen zugigen, einfachen Holzstall vor, umgeben von Äckern, Wiesen, Weiden. Der Stall ist notdürftig mit einer Laterne ausgeleuchtet, auf dem Boden liegt Stroh, in einer Ecke liegen Ochs und Esel. Inmitten von Natur, inmitten des Einfachen, des Allernotwendigsten, was wir zum Leben brauchen, tritt Gott in unsere Welt, in unser Leben. In welchem Kontrast steht das Weihnachten, das wir heute meist erleben, zu dieser Szenerie? Auch dazu habe ich Bilder im Kopf: reich verzierte Wohnzimmer, ein üppiges Festmahl, eine große Schlacht mit Geschenken (vieles, was wir nicht brauchen oder sowieso im Überfluss haben), Lichterketten und Glitzer, Non-stop-Unterhaltung durch Weihnachtsmusik und Weihnachtsfilme, dazu 1000 Grußbotschaften und witzige Filmchen auf dem Handy.

Und im zweiten Jahr stellt Corona unser gewohntes Weihnachten mächtig auf den Kopf. Man könnte sagen: Das zeigt die Kraft und Größe, die in dem ganz Kleinen stecken kann. Eine kleine Kerzenflamme in einem großen, dunklen Saal kann stärker wirken als eine Ausleuchtung mit vielen Strahlern. Das kleine Kind, das da in einem armseligen Stall damals zur Welt kommt, hat eine größere Wirkung als alle noch so mächtigen Herrscher dieser Welt … und wirkt bis in unsere Zeit.

Das Kleine, das Unsichtbare, das Kindliche hat Wirkung …, wenn wir uns dem nicht verschließen. Wenn wir das Herz öffnen und mal die laute Stimme des Verstandes leiser bekommen. Geben wir dem Leben doch ganz besonders an Weihnachten wieder mehr das Wunderbare und Geheimnisvolle zurück.

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.“ – So spricht Jesus. Übertragen auf Weihnachten heißt das für mich: Ein Festessen, vielleicht ein guter Wein, materielle Geschenke – all dies kann es in Maßen (nicht Massen) geben, aber es genügt nicht. Eigentlich hungert und dürstet es uns nach etwas anderem: nach Liebe, nach Gemeinschaft, nach Trost und Halt, nach Vergeben und Verzeihen, nach Barmherzigkeit und nach froher Botschaft.

In der Stille, in der Einfachheit des Stalls von damals finden wir doch eher das, was wir suchen. Das unbeschreibliche Leuchten, dem die Hirten und Könige damals gefolgt sind und das von dem göttlichen Kind ausging, dieses weihnachtliche Leuchten können wir wie einen Segen empfangen und weitergeben, in die Welt hinaustragen … „Mache dich auf und werde Licht!“, wie es in einem Weihnachtslied auffordernd heißt.

Stephan Hübner, sowohl in der kirchlichen Jugendarbeit als auch in der Jugendarbeit im Umweltverband (BUNDjugend) tätig.

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